Alles außergewöhnliche Hobbies: AcroYoga am USI Leoben
Hallo Hanspeter, wie bist du zur Akrobatik /AcroYoga gekommen?
Wie viele andere Acroyogis bin ich zu Akrobatik über Umwege gekommen, denn diese Sportart stellt eher eine Randsportart dar und existiert noch nicht lange in dieser Form. Mein Weg zu diesem Sport begann an einem Parkour- und Freerunning Jam. Das wiederum ist eine Zusammenkunft von Parkour begeisterten, die ein Wochenende gemeinsam trainieren. Ich bin damals mit Freunden nach Linz gefahren, um andere Parkourenthusiasten zu treffen, mich auszutauschen und in angebotenen Workshops besser zu werden. In eine der Pausen haben meine Freunde mit einer damaligen Akroyogatrainierin aus Graz trainiert. Ich war sofort begeistert von den Figuren und der Leichtigkeit, wie mein Freund diese damals noch unbekannte Frau durch die Luft gewirbelt hat. Damit bin ich zu ihnen hin, habe meine Bewunderung kundgetan und wurde sofort gefragt, ob ich es denn auch einmal probieren möchte.
Ich war mir meines eigenen Potentials nicht bewusst, habe aber dann nach kurzem Zögern eingewilligt. Im Laufe dieses Parkour Jams wurde mehr AcroYoga trainiert als Parkour, wie ursprünglich gedacht. Ich war komplett begeistert, habe mit der Trainerin nicht nur Kontakt gehalten, sondern eine damals innige Freundschaft aufgebaut und bin mehr oder weniger regelmäßig zu freien Trainings und Jams erschienen und habe schnell gelernt. Durch meine Faszination für den Sport habe ich versucht, jede Trainingsmöglichkeit zu nutzen die sich mir bot, habe begonnen zu Festivals und Conventions in ganz Europa zu fahren, um von internationalen Trainern zu lernen.
Was macht für dich persönlich die Faszination Akrobatik aus? Was ist so besonders daran?
Abgesehen von der anfänglich unglaublich steilen Lernkurve, hat mich am meisten die Community begeistert. Die offene und verständnisvolle Art mit der absolut jede*r immer und überall Willkommen geheißen wird. Als Österreicher*in bist du zum Beispiel in der italienischen Acro-Community genauso gerne gesehen wie in der norwegischen.
Weiters ist das spektakuläre Aussehen der Figuren ein großer Punkt, warum viele Menschen diesen Sport beginnen. Außerdem ist dies eine der wenigen Sportarten, in der du dich mit niemanden vergleichst. Sie ist absolut noncompetitive, was somit das Aufkommen von Rivalitätsgedanken verhindert. Jeder hilft jedem, wo er kann.
Eine weitere Besonderheit in dieser Sportart ist die Beziehungsarbeit, die man reinstecken muss, um Figuren zu schaffen. Ega,l ob man mit dem eigenen Partner oder der eigenen Partnerin, einer Freundin oder einem Freund, oder einer fremden Person trainiert: Wenn du deinem Partner nicht vertraust, wird euch der leichteste Trick nicht gelingen. Außerdem ist es eine der wenigen Sportarten, die man bis ins hohe Alter praktizieren kann. Gerade in diesem Jahr hatte ich in der nähe von Barcelona an der Costa Brava einen High- Level Workshop, der unterrichtet wurde von zwei nomadisch lebenden ehemaligen niederländischen Zirkusartisten im Alter von 65 und 68.
Wie ist der USI-Kurs aufgebaut? Was lerne ich, und wie kann ich mir das vorstellen? Brauche ich Vorkenntnisse?
Der USI-Kurs ist ein absoluter Anfängerkurs. Man benötigt keinerlei Vorkenntnisse. Körperspannung ist zwar von Vorteil und hilft dir in vielen Figuren. Aber selbst, wenn du das nicht besitzt, werde ich mir alle Mühe geben, dir eben jene zu vermitteln.
Ich versuche meine einzelnen Einheiten möglichst variabel zu gestalten. Das heißt, keine Einheit gleicht der anderen. Selbst die 20 Minuten Aufwärmen werden jedes Mal an die speziellen Übungen angepasst, die in der jeweiligen Einheit vermittelt werden. Nach dem Aufwärmen schnappe ich mir jemandem aus dem Kurs, zeige mit dieser Person die kommende Übung vor und erkläre die einzelnen Bewegungsabläufe detailliert. Auch auf das Sichern der Teilnehmer*innen, während den Übungen, lege ich großen Wert. So wird neben den zwei Bewegungsabläufen von Base (unten) und Flyer (oben) immer auch das sogenannte Spotten (Sichern) erklärt. Nach den Erklärungen ist es an den Kursteilnehmern, die Übungen in Kleingruppen von drei bis vier Leuten selbstständig zu üben, während ich durch die Gruppen gehe und mit Rat und Tat zur Seite stehe. Je nach Schwierigkeit der Übungen bzw. Voranschreiten der Kursteilnehmer*innen werden pro 1,5h Einheit drei bis vier Bewegungsabläufe vorgezeigt und im Optimalfall auch erlernt.
Wie hilft dir Sport bzw. AcroYoga im Studienalltag?
AcroYoga ist für mich mehr als nur ein sportlicher Ausgleich zum sonst eher am Tisch sitzenden oder im Club stehenden Studentenalltag. Du baust mit deinen Mitmenschen eine tiefere, vertrautere Verbindung auf, während du miteinander trainierst. Dies führt nicht selten zu tiefen Freundschaften. Man entwickelt ein Verständnis für Probleme und Grenzen anderer Personen. Man versucht gemeinsam diese Probleme zu lösen und die Grenzen auf eine so sanfte Art zu pushen, sodass man nicht selten am Ende eines Trainings mit einer neuen Errungenschaft in Form einer Figur dasteht, von der man sich noch bis vor kurzem nie hätte träumen lassen, dass man dies je meistern würde. So wird man sich in einem geschützten Umfeld mehr und mehr seines eigenen Potenzials bewusst und hat auch noch unglaublich viel Spaß dabei. Ich habe noch in keiner Sportart so viel gelacht wie in AcroYoga bzw. Partnerakrobatik.