In ihrer Arbeit mit dem Titel High Radiation Resistance in the Binary W-Ta System Through Small V Additions: A New Paradigm for Nuclear Fusion Materials zeigen die Forscher, dass die Zugabe von kleinen Mengen Vanadium (V) zu Wolfram-Tantal-Legierungen (W-Ta) die Strahlungsresistenz erheblich verbessern kann. Dies stellt einen Paradigmenwechsel dar und widerlegt die bisherige Annahme, dass nur hochkomplexe High-Entropy Alloys (RHEAs) eine ausreichende Strahlungsbeständigkeit bieten können.
Thermonukleare Fusion
Die thermonukleare Fusion ist eine Form der Stromerzeugung, ähnlich wie die Kernspaltung, aber sie wird noch nicht kommerziell eingesetzt. Der besondere Vorteil bei diesem Vorgang ist, dass keine radioaktiven Abfälle wie bei der Kernspaltung entstehen.
„Die Fusions-Technologie erfordert Materialien, die extremen Bedingungen standhalten – darunter massive Strahlenschäden, Versprödung durch Helium und Wasserstoff sowie hohe Temperaturen“, erklärt Ass.-Prof. Dr. Matheus A. Tunes, Hauptautor der Studie. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir durch eine gezielte Steuerung der chemischen Nahordnung in feuerfesten Nichteisenlegierungen mittels Vanadium-Zusätzen die thermodynamische Stabilität in extremen Umgebungen aufrechterhalten und gleichzeitig die Anzahl der Legierungselemente reduzieren können – ein entscheidender Vorteil für die Herstellbarkeit.“
Interdisziplinärer Ansatz und innovative Methoden
Das [X-MAT]-Forschungsteam kombinierte experimentelle Validierung mit computergestützter Materialwissenschaft. Der Einsatz von ab-initio Monte-Carlo-Simulationen und maschinellem Lernen in der molekulardynamischen Analyse ermöglichte ein bisher unerreichtes Verständnis atomarer Wechselwirkungen. Die neu entwickelte Legierung W53Ta42V5 mit nur drei Elementen zeigte eine bessere Performance in strahlungsintensiven Umgebungen bei hohen Temperaturen.
Obwohl die thermonukleare Fusion bislang weder wissenschaftlich vollständig realisierbar noch wirtschaftlich tragfähig ist, forschen Wissenschaftler am Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie aktiv nach neuen Materialien, die diese Technologie ermöglichen könnten. Diese Herausforderung erfordert einen multidisziplinären Ansatz sowie eine kontinuierliche Modernisierung der bestehenden Infrastruktur für Materialcharakterisierung und -prüfung an der Montanuniversität Leoben. „Wir arbeiten aktiv an Förderprojekten zur Modernisierung der Forschungsinfrastruktur der Montanuniversität Leoben, um sicherzustellen, dass Österreich sowohl wissenschaftlich als auch industriell wettbewerbsfähig bleibt“, merkt Prof. Tunes an.
Internationale Zusammenarbeit für die Zukunft der Fusion
Die Forschungsarbeit wurde in Zusammenarbeit mit führenden internationalen Institutionen durchgeführt, darunter:
- Pacific Northwest National Laboratory (USA)
- Los Alamos National Laboratory (USA)
- University of California at Berkeley (USA)
- Clemson University (USA)
- Warsaw University of Technology (Polen)
- University of Helsinki (Finnland)
- United Kingdom Atomic Energy Authority (UK)
- University of Oxford (UK)
Ein Schritt näher zur nachhaltigen Fusion
Diese bahnbrechende Entdeckung könnte die Entwicklung kosteneffizienter und widerstandsfähiger Materialien für Fusionsreaktoren erheblich vorantreiben. „Die Nichteisenmetallurgie ist der Schlüssel zur Realisierung einer nachhaltigen Kernfusion in naher Zukunft. Unser Ziel ist die Entwicklung einer neuen Nichteisenlegierung, die in künftigen thermonuklearen Fusionsreaktoren eingesetzt werden kann. Unsere Legierung weist eine hohe Beständigkeit gegenüber Strahlung und hohen Temperaturen auf“, schließt Tunes.
Weitere Infos
Zugriff auf die Publikation: M. A. Tunes et al., High Radiation Resistance in the Binary W-Ta System Through Small V Additions: A New Paradigm for Nuclear Fusion Materials. Advanced Science 2025, 2417659.https://doi.org/10.1002/advs.202417659
Video-Abstract:https://youtu.be/vINdGx89r5Q?si=-iYRI7MBWl4AQ6aA
Kontakt
Ass.-Prof. Matheus A. Tunes, BSc MSc PhD MInstP
Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie
Montanuniversität Leoben
E-Mail: matheus.tunes@unileoben.ac.at
Web: https://x-mat.unileoben.ac.at