„Sparkling-Science“-Förderprojekt „Es wird einmal…“


Kinder beforschen die Zukunft niederösterreichischer Bodenschätze

Das Lehr-Lern-Labor Leoben sowie der Lehrstuhl für Geologie und Lagerstättenlehre mit Univ.-Prof. Dr. Frank Melcher sind ab Herbst 2022 Partner in einem „Sparkling-Science“-Förderprojekt unter der Leitung der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich (PH NÖ): In „Es wird einmal ...“ beforschen Kinder und Lehrerinnen aus sechs Volksschulen gemeinsam mit der PH NÖ, der Montanuniversität, dem Institute for Design Research Vienna (IDRV) sowie der Ludwig Boltzmann Gesellschaft - Open Innovation in Science Center die Zukunft der heimischen Bodenschätze. Das Vorhaben wird vom OeAD, der Agentur für Bildung und Internationalisierung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), gefördert. Im Zuge des Projekts soll u. a. ein neuer Experimentier-Workshop zum Thema "Graphit" für das Lehr-Lern-Labor entstehen.
 

Wertstoffgeschichten erzählen für Zukünfte im Anthropozän

„Märchen in ihren materialen Kontexten stellen im Projekt ‚Es wird einmal ...‘ einen Ausgangspunkt dar, um mit Schüler*innen der Primarstufe Stoffkreisläufe und Nutzungszusammenhänge zu erforschen und dabei das Potenzial von Storytelling für Zukünftebildung zu nutzen“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Robert Kamper (PH NÖ). „Der Boden ist ein Schatz, der nicht nur (als Ressource) zu heben, sondern nachhaltig (als Wertstoff) zu pflegen ist. Kunststoffprodukte vermehren nicht den Plastikmüll, sondern werden als Wertstoffe wiederverwendet. Welche neuen Erzählungen erzeugt ein Denken in Kreisläufen, das die Biosphäre als Modell für die Technosphäre sieht? Welche Bilder helfen dabei, aus dieser neuen Sichtweise der Kreislaufgesellschaft die Lebens(kreis)läufe von regionalen Rohstoffen als nachhaltige Wertstoffgeschichten zu erzählen? Wie bewähren sie sich als neue Form der Wissenschaftskommunikation?“

Im kokreativen Prozess der „Zukunftswerkstatt“ erforschen die Volksschüler*innen als Citizen Scientists die materialen Ressourcen in Märchen aus aller Welt und gestalten multimodale Stoffgeschichten. Dabei entstehen Zukunftserzählungen, deren Auswertung Aufschlüsse über Futures Literacy ermöglicht: Zukunftsgestaltungsfähigkeit als eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Die UNESCO will mit diesem Bildungsprogramm alle Menschen dazu befähigen, Strategien zur Bewältigung einer unsicheren Zukunft im Zeichen des Klimawandels zu entwickeln. Das Anthropozän-Konzept unterstützt diese Blickrichtung: In der Verschränkung von Natur und Kultur versteht es den Menschen nicht nur als geologischen Faktor, sondern vor allem als Teilnehmer an interdependenten Netzwerken.

Natürliche und technische Stoffkreisläufe werden aus Sicht der Lebenswirklichkeit von Kindern erforscht. Im Fokus stehen dabei der Perspektivenwechsel hin zur Kreislaufgesellschaft und die Integrierung in Lehr-Lernprozesse. Das Potenzial von Circular Narratives für Wissenschaftskommunikation wird am Beispiel der Wertstoffgeschichten erforscht. Es werden Möglichkeitsräume für Zukünftebildung in partizipativen Prozessen im Kontext Schule erkundet. Die Zukunftserzählungen der Kinder ermöglichen Rückschlüsse auf die Definitionskriterien der Futures Literacy, wie Vorstellungsbildung, Antizipation, Kreativität, Werthaltung, Umgang mit Komplexitäten, Innovationsfreude. Ihre Wertstoffgeschichten erzählen mögliche Zukünfte im Anthropozän.

Sechs Volksschulen, sechs Bodenschätze

Bei einem Kick-off-Meeting Ende Oktober 2022 in Baden erfolgte gemeinsam der Startschuss für das Projekt. Für die Batterieproduktion gewinnen österreichische Graphitreserven wieder an Bedeutung, betonte Prof. Melcher dabei. Die am Vorhaben beteiligten Kinder würden bereits in jungen Jahren Erfahrungen sammeln, die Studierende oft erst in ihren ersten Studienjahren büffelten.

Das Vorhaben der Volksschule Bad Fischau-Brunn stellte Direktorin Susanne Dutter mit mitgebrachten Kieselsteinen vor. Elisabeth Ecker leitet die Volksschulen Weikersdorf/Steinfelde und Hohe Wand: Ihre Schüler*innen erkunden Geschichte und Zukunft von Marmor und Holzkohle in der Region. Steinkohle beforschen die Kinder der Volksschule Grünbach. Direktorin Petra Hauser-Luef präsentierte mit einem Stück Steinkohle die Bedeutung des Rohstoffes für den Ort. Mit einem Gelben Sack reiste Rita Aichholzer von der Volksschule Sankt Valentin - Hauptplatz zum Campus Baden der PH NÖ. Die Kinder beforschen die kunststoffverarbeitende Industrie in Sankt Valentin sowie die Möglichkeiten einer „plastikfreien Gemeinde“. Die Lehrerinnen Gerda Hochsteiner und Eva Schmidt freuen sich darauf, Kinder mit Forschung zu begeistern. Ressourcenbewusster Umgang sei für Kinder ein aktuelles Thema. Den Wert von Bleistiftminen präsentierte Beatrix Hengstberger, Direktorin der Volksschule Drosendorf, mit Zettlitzer Graphit.
 

Von Märchen über Kreisläufe in die Zukunft

Spielerisch und kindzentriert startet das Forschungsprojekt im Herbst 2022 mit einer „Märchenwerkstatt“, vorgestellt von Prof. Babette Lughammer MEd (PH NÖ): Die sieben Zwerge bauen Kohle ab, Rumpelstilzchen spinnt Stroh zu Gold und die Königstochter weiß, dass Salz wertvoller ist als Gold und Edelsteine. Über Geschichten lernen die Kinder den Wert der Rohstoffe aus dieser märchenhaften Schatzkiste kennen. In der „Kreislaufwerkstatt“ (MUL, IDRV) befassen sich die Schulen mit Rohstoffen als Wertstoffe und der Bedeutung von Kreislaufkultur. Sie sammeln Wissen über die Stoffe: Die Schulen besuchen Lagerstätten und führen Interviews mit Expert*innen. Dadurch lernen die Kinder Verarbeitungsprozesse kennen. Zum Abschluss entwerfen sie in der „Zukunftswerkstatt“ (HS-Prof. Dr. Carmen Sippl, PH NÖ) neue Erzählungen.

Auch die Familien und Gemeinden beteiligen sich am Forschungsprojekt als „Citizen Scientists“, als forschende Bürger*innen. Mit Fakten statt Fakes erkennen so nicht nur die Kinder den Zauber der Wirklichkeit, betonte PH-Rektor Univ.-Prof. DDr. Erwin Rauscher: „Entzaubern im Unterricht ist Bezaubern für das Leben!“ Und wenn sie nicht recycelt wurden, dann leben sie noch heute...

Projekt gefördert von: